Sieben Jahre Knast

Andreas H. Buchwald

Sieben Jahre Knast

Ein kleines, feines Knastbüchlein hält man in den Händen, wenn man sich auf das Taschenbuch einläßt, welches der creomira-Verlag aus der Schweiz herausgegeben hat. Ein ungewöhnliches dazu, denn im Blickfeld der Autorin liegt ein Frauengefängnis, welches nicht genau genannt wird, sich aber überall in der Schweiz – vielleicht auch in Deutschland – befinden könnte. Obwohl das Einbandbild sehr verharmlosend wirkt und wahrscheinlich sogar Kinder anspricht (beabsichtigt?), handelt es sich nicht gerade um leichte Kost, denn der Leser taucht schon nach den ersten zehn Seiten in den Gefängnisalltag ein. Dazu verhelfen ihm die beiden Hauptprotagonisten: zwei Frauen, deren Lebenswirklichkeit dermaßen voneinander entgegengesetzt empfunden wird, daß eine Freundschaft zwischen ihnen zwar immer wieder insgeheim angestrebt, aber nie verwirklicht werden kann. Die eine, Sozialarbeiterin und zur „Betreuung“ der Gefangenen angestellt, hält den Schlüssel zur Zellentür in der Hand, während die andere, wegen eines bewaffneten Banküberfalls verurteilt, ihr ohnmächtig und eingesperrt gegenübersteht. Die erstere versteht und fühlt sich ein, kann aber tatsächlich nur sehr wenig tun und reflektiert über die Abschaffung von Gefängnissen, die letztere hingegen findet trotz bester Absichten den Weg nicht, den ihre Betreuerin ihr zu zeigen versucht.
Die Autorin versteht es ungemein gut, in die jeweils unterschiedlichen Welten ihrer beiden Ich-Erzählerinnen einzutauchen und den Leser mit sich zu nehmen. Dabei läßt sich das Buch genremäßig nur schwer einordnen, zumal es wie zwei ineinandergefügte Tagebücher daherkommt und der schon erwähnte Einband eher heitere Kost vermuten läßt. Sobald man sich aber sozusagen auf den Knastalltag eingelassen hat, sind dergleichen Äußerlichkeiten, wie auch der – auf den ersten Blick verwirrende, aber bei näherem Hinsehen zum Inhalt passende Flattersatz –, vergessen.
Eine wertvolle Lektüre, die Denkanstöße gibt, sich über Tabus hinwegsetzt und den Finger in einige Wunden unserer Gesellschaft legt, die sonst gern vertuscht oder ignoriert werden.

 

Sieben Jahre Knast
Verena Sägesser
creomira Verlag, 178 Seiten
ISBN: 978-3-9525149-0-0