Briefe gegen der Krieg

Hans Christian Hinne

Briefe gegen der Krieg

Es liegt nun schon bald 14 Jahre zurück, dass die Zwillingstürme des World-Trade-Centers in sich zusammengefallen sind. Seither ist nichts, wie es einmal war. So beginnt Tiziano Terzani das erste Kapitel mit dem Namen „10. September 2001 - Der verlorene Tag“. Unmittelbar um die damaligen Geschehnisse schrieb er seine Eindrücke und Gedanken in Form von langen Briefen nieder, die in diesem Werk zusammen gefasst sind. Menschlich reflektiert und selbst vor Ort recherchiert, stellt er den Wahnsinn aus Gewalt und Vergeltung in ein nüchternes Licht.
Tiziano Terzani verstarb 2004 mit 65 Jahren und hat uns Weissagungen hinterlassen, die sich mit jedem Blick in die Medien heute bewahrheiten. Die Abwärtsspirale der Gewalt um Macht, Geld und Ressourcen dreht sich erbarmungslos weiter. Flüchtlingsströme werden heute buchstäblich an unsere Küsten gespült, während sich kaum mehr einer ins Gedächtnis ruft, wie es den zivilen Opfern auf ihrer Flucht damals in Afghanistan erging.
Der Autor brachte den Mut auf, sich von der Lage selbst zu überzeugen. Nicht vom klimatisierten Hotelzimmer aus, sondern teilweise verfolgt, selbst hinter „feindlichen Linien“. Manch einem ist er als Korrespondent für den SPIEGEL bekannt, für den er 30 Jahre gearbeitet hatte. Aufgrund von Zensur und offensichtlicher Kriegspropaganda entschied er sich für ein Abkommen mit Ferruccio de Bortoli, dem Herausgeber von Corriere della Sera, seine Briefe, wenn überhaupt unverändert abzudrucken. So antwortet er auch ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, auf einen öffentlichen Brief der Kollegin Oriana Fallaci, die sich für den Racheakt ausgesprochen hatte.
Taliban bekommen einen Namen, ein Gesicht und eine verständliche Motivation, die nicht minderwertiger ist, als das Kriegstreiben der westlichen „zivilisierten“ Welt. Beides führt zu Krieg, gegen den er sich offen ausspricht. Relativiert durch Fakten, der Geschichte Afghanistans, Indiens, Pakistans, dem großen Vorbild Ghandi‘s und seiner persönlichen Eindrücke aus den majestetischen Himalaya, kommt Licht ins einseitig getrübte Propagandawerk, dem wir hier im Westen ausgeliefert sind. So finden wir in diesem bewegenden Buch Gründe für unsere momentane Situation und zu guter letzt die ehrliche Frage des letzten Kapitels „Brief aus dem Himalaya - Was tun?“

Briefe gegen den Krieg (ital. Org.: „Lettere contro la guerra“)
Tiziano Terzani, Übersetzung Elisbath Leibl
Goldmann Verlag / Verlagsgruppe Random House GmgH
ISBN 978-3442152667, 218 Seiten, Taschenbuch, 2002